...und dabei hat der Tag so gut angefangen.
Um sechs Uhr hat mein Wecker geklingelt, welcher mich schön diszipliniert in einen strukturierten Alltag führe sollte. Okay, die gewünschte sms auf meinem Handy nachdem Aufwachen blieb aus, aber ich bin wirklich aufgestanden. Ein herrlicher Sonnenaufgang beschenkte mich und ich hatte eine echt gute stille Zeit. Georg hat mich abgeholt und wir sind raus nach Mariannhill zum Kloster gefahren. Eine wunderbare Natur und Gegend da oben, die mir unglaublich die Sehnsucht nach zwei Schweigetagen dort ins Herz gelegt hat. Anlass war ein Treffen von den Religionslehrern (Pastoren) der Deutschen Schule Durban (DSD),inklusive Schwester Agnes ... und mir. Eine Art Halbtageszusammenkunft um miteinander wieder neu aufzutanken. Sehr spannend für mich als Nichtpastorin daran teilzuhaben, Gedanken aufzuschnappen und sozialarbeiterisch weiter zu denken, Schwierigkeiten von Pastoren und Kirche wahrzunehmen und einfach mal wieder einen lebendig christlichen Austausch zu haben. Das hat mich gestärkt.
Mit Georg habe ich mich auf den Heimweg gemacht. Als wir gegen 14Uhr in Durban ankamen, war die ganze Stadt zu, der Verkehr bewegte sich kaum. Ungewöhnlich für diese Uhrzeit. Nach gewiss 20 Minuten zögernden Vorankommens habe ich mich von Georg verabschiedet und zu Fuß auf den Weg gemacht - ihn in seine Richtung schickend. Das stellte sich als weise heraus. Ich lief ein wenig und stieß auf Polizisten, recht jung, sprach sie an, was hier los sei, denn die Straße zu meiner Wohnung war gesperrt. Ich hörte von einer "armed robbery" was so viel wie bewaffneter Raubüberfall bedeutet, mit großen Maschinengewehren. Von der Polizei in meinen Zweifeln und fragenden Blicken ermutigt ging ich weiter, bis ich neben mir auf dem Gehweg Plastikhandschuhe neben einer großen Blutlache auf dem Bürgersteig fand. In der Mitte der Straße war ein Lkw gegen eine Palme gefahren. Menschen standen herum, sichtlich noch immer aufgebracht, Kopf schüttelt, einer murmelte horrable (schrecklich) vor sich hin. Eine Straße weiter sprach ich Menschen an, die ich schon oft an der Ecke sitzen sah. Die Polizei lieferte sich mit den Räubern ein Schießgefecht, "shoot bei mistake" (fehlerhaft erschossen) wurde dabei der Lkw Fahrer, dessen Fahrzeug demzufolge mit der Palme zusammenstieß. Der Weg zu meiner Wohnung war frei - und ich innerlich aufgerüttelt.
15 Uhr. Ich gehe in meine Wohnung, sammle ein paar Sachen zusammen, mache ich auf den Weg zum Kindergarten. Ursprünglich musste ich was wegen dem Projekt abklären, doch ich dachte, vielleicht komme ich da auf andere Gedanken. Eine Straße vor dem Kindergarten allerdings ist die Straße erneut abgesperrt, unzählige Polizeiwagen stehen herum dazu viele Schaulustige. Es heißt, mindestens zwei Polizisten und einer der Räuber haben schon ihr Leben gelassen. (Schwer-)Verletzte nicht gezählt. Hier nun die Polizei , weil sich einer der Räuber in einem Gebäude versteckt. Sie haben zurecht Angst hineinzugehen.
Im Kindergarten wissen sie noch Schlimmeres zu berichten. Zwischen 11 und 12 Uhr wurde mit Maschinengewehren geschossen, direkt auf der Straße unter dem Kindergarten, die Fenster vermochten da kaum etwas abzudämmen.
War ich nun froh, gerade heute NICHT im Kindergarten zu arbeiten? Oder wäre ich lieber bei den sicherlich verschreckten und ängstlichen Kindern gewesen? Um ehrlich zu sein, ich weiß nicht wer wen mehr gebraucht hätte, meine Anwesenheit vorausgesetzt.
Mir stehen Tränen in den Augen, wenn ich an die Familien der Zivilisten und Polizisten denke, an die Verzweiflung der Täter, die vermutlich aus ihrer Armut heraus den Raubüberfall starteten. Der Verbarrikadierte, fühlt er Reue?
Die Vorstellung, es wäre einem meiner Securitymänner passiert und deren Familien seien betroffen, soweit möchte ich gar nicht denken.
Das dei Kriminalität hoch ist, ja, davon habe ich gehört. Aber wenn es dann wirklich passiert, und so nahe kommt... . Die Schwarzafrikaner mit denen ich darüber sprach meinten, das ist Afrika, daran muss ich mich gewöhnen. Will ich mich aber nicht!
Wieso müssen Menschen sich gegenseitig erschießen? So viele Fragen, und so viel Redebedarf mit Jemanden, der gleiche Fragen hat, mich nicht mit der Gewöhnungslösung abspeist.
Das noch nicht getrocknete Blut schwimmt noch immer rot vor meinen Augen.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen